Potsdamer Mitte
Foto: Im Vordergrund sind die Fundermente des ehemaligen Stadtschlosses am Havelufer zu sehen. Im Hintergrund stehen das neue Landsgebäude, die Nikolaikirche und das Museum.
Fundamente am Havelufer, 2013 (Sanierungsträger Potsdam, Foto: A. Stadler)

Archäologie

Freilegen - Dokumentieren - Sichern
Ausgrabungen auf dem Landtagsgrundstück

Der Neue Landtag in Potsdam entstand auf dem Grundstück des im Krieg zerstörten und 1960 abgerissenen Stadtschlosses.

Etwa 500 Jahre Burg- und Schlossgeschichte haben ihre Spuren auf dem Landtagsgrundstück hinterlassen. Auf den nicht bebauten Flächen im Innenhof des ehemaligen Schlosses und unter Fußböden und Fundamenten zeugen archäologische Funde von an Flussufern rastenden Jägern der jüngeren Altsteinzeit und Mittelsteinzeit, ur- und frühgeschichtlichen Dorfstellen und Begräbnisplätzen lange vor der Stadtentstehung und der Entwicklung der mittelalterlichen Stadt Potsdam. Jeder Befund ist ein kleines unersetzbares Puzzleteil in der Geschichte der Stadt.

Die Ausgrabungen hatten das Ziel, kulturhistorisch wertvolle, historische Zeugnisse im Boden freizulegen, zu dokumentieren, zu deuten und zu bewahren. Etwa zwei Meter mächtige Schichten mit archäologischen Befunden waren auf dem Landtagsgrundstück zu untersuchen. Brunnen reichen oft noch tiefer.

Foto: 2008 erfolgten archäologische Untersuchungen zu den Baustrukturen des ehemaligen Stadtschlosses.
Untersuchung der Baustrukturen des Stadtschlosses und seiner Vorgängerbauten, 2008 (Sanierungsträger Potsdam, Foto: A. Stadler)

Das Freilegen und Bergen von archäologischen Funden ist aufwendige Handarbeit. Spuren im Boden werden durch sorgfältiges Abtragen von Erdschichten sichtbar, Fundstücke vorsichtig gesichert. In Fotos, maßstabgerechten Zeichnungen und Befundbeschreibungen halten die Ausgräber ihre Beobachtungen und Erkenntnisse fest. Jeder Befund muss in das Landeskoordinatennetz eingemessen werden. Der enge Zeitrahmen für die archäologischen Untersuchungen erfordert den Einsatz digitaler Dokumentationsmethoden. Anstatt der traditionellen Handzeichnungen werden alle Informationen vor Ort in entzerrte digitale Fotos eingetragen. Dreidimensionale Objekte, wie Mauerwerk, werden mit dem 3D-Laserscanner vermessen. Die Grabungsdokumentation wird in einer Datenbank verwaltet und steht so nach Abschluss für die wissenschaftliche Auswertung zur Verfügung.

Foto: Fund bei den Untersuchungen. Ein aus Scherben zusammengesetzter Krug.
Fund bei den Untersuchungen, Krug, 2008 (Sanierungsträger Potsdam, Foto: A. Stadler)

Archäologische Untersuchungen und Baugrubenbeobachtung in Potsdam haben eine fast einhundertjährige Geschichte. Trotzdem gibt es noch viele ungeklärte Fragen. Nicht selten verändern neue Befunde das rekonstruierte Bild grundlegend oder verweisen auf in der Forschung bisher wenig beachtete Aspekte. Mitunter vergehen Jahrzehnte, bis gesichertes Wissen über einzelne Zeitperioden oder historische Themen zusammengetragen ist. Aus diesem Grund ist jede noch so unbedeutend erscheinende Spur und jeder Fund wichtig und wert, in einer wissenschaftlichen Dokumentation aufgehoben zu werden.

Grafik: Lageplan mit archäologischen Befunden in der Potsdamer Mitte mit farblicher Kennzeichnung der unterschiedlichen zeitlichen Epochen aus denen die Funde stammen.
Archäologie Befundplan, 2020 (Archäologie Manufaktur GmbH; ASTgrafik)

Etwa 10% des mittelalterlichen Stadtgebietes mit dem spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen Burg- und Schlossareal wurden bis zum Ende des Jahres 2009 archäologisch untersucht sein. Kein Straßenverlauf und kein Gebäude sind in Potsdam aus dieser Zeit erhalten.

Archäologische Funde und Befunde ergänzen die spärlichen schriftlichen Überlieferungen zur frühen Geschichte Potsdams und erschließen oft Bereiche, über die keine andere Quelle Auskunft gibt. Ein Teil der Fundamente der Burg- und Schlossanlagen soll unter dem künftigen Landtagsgebäude im Original bewahrt bleiben.

- Gundula Christl

Archäologie Befundplan, 2020 (hochauflösend)